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Motion: Zweckhafte Zwischennutzungen in Nidau

18.09.2020

Vorstossart:

Motion
Vorstoss-Nr.: M 197
Richtlinienmotion: ---
Behandlung im Stadtrat: 25.03.2021
Eingereicht am: 17.09.2020
Eingereicht von: Kallen Noemi (SP), Kallen Nils (SP)
Mitunterzeichnende:

--

Beschluss Gemeinderat: 09.02.2021
Aktenzeichen: nid 0.1.6.2 / 4.4
Ressort: Präsidiales
Antrag Gemeinderat: Ablehnung

Antrag

Um Zwischennutzungen in der Stadt Nidau zu erleichtern, wird der Gemeinderat beauftragt, ein Reglement zu erarbeiten und dem Stadtrat zu unterbreiten.

Das Reglement soll bezwecken, dass länger als drei Monate leerstehende Gebäude und Räume innerhalb des Stadtgebietes einer zu bezeichnenden Stadtbehörde gemeldet werden müssen und von dieser für vertraglich geregelte Zwischennutzungen ausgeschrieben werden.

Die Stadtbehörde übernimmt die Vermittlung zwischen potenziellen Nutzenden und Eigentümern oder delegiert diese an eine private Institution.

Der Gemeinderat setzt sich überkommunal für eine engere Zusammenarbeit zum Thema Zwischennutzungen ein.

 

Begründung

Wie unlängst mit dem leer stehenden Guggerhaus an der Hauptstrasse 78 klar wurde, sind mit unbenutzten Liegenschaften nicht nur indirekte Kosten durch Mietausfälle verbunden, sondern auch durch Leerstand entstandene Schäden an der Bausubstanz (z.B. Frost- oder Wasserschäden).

Wie man an diversen Beispielen in anderen Städten der Schweiz sehen kann, besteht einerseits ein grosses Bedürfnis, brach liegende Liegenschaften für unterschiedliche, innovative Projekte zu nutzen, andereseits erfüllen sie auch ein öffentliches Interesse durch Aufwertung und Siedlungsentwicklung nach Innen.

Insbesondere eine Gemeinde wie Nidau mit begrenzten Baulandreserven sollte an einer möglichst effizienten Nutzung nicht nur ihrer, sondern aller Liegenschaften auf dem Stadtgebiet interessiert sein und Zwischennutzungen in einem klar geregelten Rahmen ermöglichen. So werden beispielsweise bereits im Teilbaureglement Guido-Müller-Platz West mögliche Zwischennutzungen mit einbezogen.
Aktuell fehlen in der Stadt Nidau jedoch konkrete Vorschriften zur Bewilligungsfähigkeit von Zwischennutzungen. Diese Unklarheit stellt sowohl für Grundeigentümer, die Stadt Nidau und mögliche Gesuchsteller eine unbefriedigende Situation dar.

 

Antwort des Gemeinderates

1)    Allgemeines

Der Gemeinderat ist bereit und schlägt vor, eine «Börse» für leerstehende und ungenutzte Gebäude oder Flächen auf der Homepage der Stadt Nidau einzurichten und zur freien Nutzung zur Verfügung zu stellen. Er lehnt die Motion, welche eine reglementarische Grundlage und Regelung verlangt, jedoch ab.

Mit der Motion wird vom Gemeinderat verlangt, ein Reglement zu erarbeiten und dem Stadtrat zu unterbreiten, welches bezweckt, dass länger als drei Monate leerstehende Gebäude und Räume innerhalb des Stadtgebietes einer zu bezeichnenden Stadtbehörde gemeldet werden müssen und von dieser für vertraglich geregelte Zwischennutzungen ausgeschrieben werden. Die Stadtbehörde übernimmt die Vermittlung zwischen potenziellen Nutzenden und Eigentümern oder delegiert diese an eine private Institution. Der Gemeinderat setzt sich überkommunal für eine engere Zusammenarbeit zum Thema Zwischennutzungen ein.

Die Motionäre begründen ihre Motion u.a. damit, dass insbesondere in den Städten ein Bedürfnis bestehe, brach liegende Liegenschaften für unterschiedliche, innovative Projekte zu nutzen. Zwischennutzungen würden zudem ein öffentliches Interesse erfüllen, indem diese zur Aufwertung führen. Gemeinden mit begrenzten Baulandreserven wie bspw. die Stadt Nidau sollten an einer möglichst effizienten Nutzung aller Liegenschaften auf dem Stadtgebiet interessiert sein und Zwischennutzungen in einem klar geregelten Rahmen ermöglichen.

Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen der Motionäre zur Kenntnis und teilt deren Ansicht, dass die Möglichkeit zur Realisierung und zum Betrieb von Zwischennutzungen einem wachsenden Bedürfnis breiter Teile der Bevölkerung, wie auch Teilen der Grundeigentümerschaft entsprechen. Dem Gemeinderat sind jedoch keine Probleme mit jahrelang leerstehenden Lokalitäten, Liegenschaften oder Grundstücke bekannt. Davon ausgenommen ist die eigene Liegenschaft an der Hauptstrasse 78, welche aufgrund fehlender stadtinterner Kapazitäten nicht einer Nutzung zugeführt wurde.

Für die Brache beim expo.park sind Zwischennutzungen im Rahmen des Veranstaltungskonzept und von gastgewerblichen Bewilligungen möglich. In Zusammenarbeit mit der Stadt Biel als hauptsächliche Grundeigentümerin wird das Gelände bis zur Überführung in die definitive Nutzung durch AGGLOlac der Öffentlichkeit zugänglich gemacht für Aktivitäten in den Bereichen Erholung, Freizeit, Sport und Kultur. Die der Stadt Nidau gehörende Werkhalle an der Dr. Schneiderstrasse 3 wird der DISPO («dispo.space») im Sinne einer Zwischennutzung vermietet. Mit diesen Massnahmen wird zudem die Forderung nach Zwischennutzungen für den expo.park des Postulats Messerli aus dem Jahr 2003 erfüllt.

Einzig im Stedtli stehen regelmässig Lokale leer. Die Leeerstände sind von aussen gut sichtbar. Interessierte können sich direkt an die Besitzer wenden.

 

2)    Baurechtliche Bewilligungsfähigkeit von Zwischennutzungen

Wie die Motionäre in ihrer Begründung richtig feststellen, ist für Zwischennutzungen eine baurechtliche Grundlage notwendig. In einem ersten Schritt geht der Gemeinderat in den nachfolgenden Ausführungen auf diesen Aspekt der Forderung ein. Erst in einem zweiten Schritt (unter Punkt 3) bezieht er Stellung zu einer allfälligen reglementarischen Grundlage.

Aufgrund der Aktualität und einem breiten Interesse hat der Gemeinderat zusammen mit der Verwaltung und externen Fachleuten das Thema «Zwischennutzungen» auch in der aktuell laufende Ortsplanungsrevision thematisiert und bereits berücksichtigt. Aus den Akten zur öffentlichen Mitwirkung der baurechtlichen Teilgrundordnung «weiteres Stadtgebiet» vom 22. März bis 10. Mai 2019 geht hervor, dass mit Artikel 207 des Teilbaureglements (TBR) allgemeinverbindliche Festlegungen zu Zwischennutzungen vorgenommen wurden. Damit sollte dem in den vergangenen Jahren im städtischen Raum vermehrt geäusserten Wunsch nach temporären Nutzungen von Bauten und Anlagen Rechnung getragen werden und eine spezifische Grundlage zu deren Bewilligung geschaffen werden.

Die baurechtliche Teilgrundordnung «weiteres Stadtgebiet» mit dem entsprechenden Artikel wurde in der Zwischenzeit durch den Kanton vorgeprüft. Im Rahmen der Bereinigungsarbeiten der kantonalen Vorprüfung wurde die Regelung von Zwischennutzung erneut fachlich und politisch diskutiert. Verschiedene Umsetzungsvarianten wurden geprüft. So vertritt der Gemeinderat heute die Haltung, dass auf spezifische kommunale Festlegungen zu Zwischennutzungen aus nachfolgenden Gründen verzichtet und die Bewilligungsfähigkeit von Zwischennutzungen trotzdem erreicht und verbessert werden kann:

  • Artikel 22 Absatz 1 des Raumplanungsgesetzes vom 19. Juni 1979 (RPG) bestimmt, dass Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden dürfen. Die Baubewilligungspflicht ist im Einzelnen in den Artikeln 1a und 1b des kantonalen Baugesetzes vom 9. Juni 1985 (BauG) und in den Artikeln 4 ff des kantonalen Baubewilligungsdekrets vom 22. März 1994 (BewD) geregelt. Grundsätzlich gilt, dass alle Bauvorhaben baubewilligungspflichtig sind – dazu gehören auch reine Nutzungsänderungen, die die Nutzungsordnung beeinflussen können.
  • Demnach wird in Artikel 6 BewD festgelegt, welche einzelne Bauvorhaben keiner Baubewilligung bedürfen. Darunter fallen in Bezug auf Zwischennutzungen u.a. «das Unterhalten und Ändern (einschliesslich Umnutzen) von Bauten und Anlagen, wenn keine bau- oder umweltrechtlich relevanten Tatbestände betroffen sind und bauliche Änderungen im Gebäudeinnern, die nicht mit einer baubewilligungspflichtigen Nutzungsänderung verbunden sind und nicht die Brandsicherheit betreffen». Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass alle Vorhaben, die in Artikel 6 Absatz 1 B BewD nicht aufgezählt und gleichzeitig von grösserer Bedeutung sind als die Aufgezählten, baubewilligungspflichtig sind. Dazu gehören insbesondere Nutzungsänderungen, die für eine längere Dauer vorgesehen sind als dies in Artikel 6 Absatz 1 BewD festgelegt ist.
  • Aus raumplanerischer Sicht und im Hinblick auf die Bewilligungsfähigkeit von Zwischennutzungen sind daher insbesondere zwei Aspekte von zentraler Bedeutung:

Erstens: Zonenkonformität

  • Ist die Baubewilligungspflicht gegeben, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Baubewilligung erteilt werden kann. Gemäss Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a RPG gilt als erste Voraussetzung, dass Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen müssen. Diese Voraussetzung ist nach heutiger Regelung bei Zwischennutzungen nicht immer erfüllt. Gemäss rechtskräftiger Grundordnung der Stadt Nidau, resp. Artikeln 36 ff des kommunalen Baureglements (BR) ist der Nutzungszweck der verschiedenen Bauzonen relativ eng umschrieben.
  • Mit der Ortsplanungsrevision und im Besonderen der neuen baurechtlichen Teilgrundordnung «weiteres Stadtgebiet» wird die Stadt die zulässigen Nutzungsarten vereinfachen und flexibilisieren. Neu werden grossflächige Teile des Stadtgebiets im Nutzungszonenplan entweder der «Mischzone A» oder der «Mischzone B» zugewiesen (nebst Zonen für öffentliche Nutzungen, der Arbeitszone Ipsachstrasse und Grünzonen). Gemäss Artikeln 201 und 202 TBR stützt sich die zulässige Nutzungsart neu ausschliesslich auf die zulässigen Empfindlichkeitsstufen gemäss Artikel 43 der eidgenössischen Lärmschutz-Verordnung. Unabhängig ob es sich um dauerhafte oder aber temporäre und befristete Vorhaben handelt, ist die Zonenkonformität gegeben, sofern die entsprechenden Nutzungen die Vorgaben der Lärm-Empfindlichkeitsstufen ES II (Mischzone A) respektive ES III (Mischzone B) einhalten. Eine ähnliche Lösung – wenn auch mit Fokus gewerbliche und industrielle Nutzung – findet sich in Art. 203 TBR auch für die Arbeitszonen (ES IV).

Zweitens: Umweltschutzgesetzgebung - Lärmschutz

  • Ist die Zonenkonformität gegeben, ist weiter zu prüfen, ob das Vorhaben auch allen andern bau- und planungsrechtlichen und den nach anderen Gesetzen im Baubewilligungsverfahren zu prüfenden Vorschriften entspricht. Darunter fallen unter anderem die weiteren Vorschriften der kommunalen Grundordnungen, Vorschriften über die Erschliessung (Zufahrt, Wasser, Abwasser usw.) sowie gesundheitspolizeiliche und Sicherheitsvorschriften, insbesondere feuerpolizeiliche Vorschriften, welchen jedoch im Hinblick auf Zwischennutzungen eine untergeordnete Bedeutung zukommen. Von zentraler Bedeutung ist jedoch die Einhaltung der Vorschriften der Umweltschutzgesetzgebung und im Besonderen des Lärmschutzes.
  • Die Bestimmungen zum Lärmschutz sind auf Bundesebene geregelt. So schützen das Umweltschutzgesetz (USG) und die darauf gestützte Lärmschutz-Verordnung (LSV) die Bevölkerung vor schädlichem oder lästigem Lärm, indem sie in erster Linie Lärmemissionen an den Quellen begrenzen. Um den nötigen Schutz zu gewährleisten, steht zudem ein System mit Grenzwerten zur Verfügung, die bei den verschiedenen raumwirksamen Tätigkeiten, beispielsweise bei Einzonungen oder bei der Erteilung von Baubewilligungen, zur Anwendung gelangen. Gemäss Art. 44 LSV haben die Kantone dafür zu sorgen, dass die Empfindlichkeitsstufen den Nutzungszonen in den Baureglementen oder Nutzungsplänen der Gemeinden zugeordnet werden. Für jedes Vorhaben ist die Einhaltung der entsprechenden Grenzwerte im Baubewilligungsverfahren zu erbringen.
  • Mit den gesellschaftlichen Entwicklungen akzentuieren sich auch die Herausforderungen hinsichtlich des Lärmschutzes. Nebst dem Bedürfnis nach Belebung des städtischen Raums (Stichworte Rückeroberung des öffentlichen Raums, 24-h-Gesellschaft, gesteigerte Freizeitaktivitäten etc.) aber auch nach informellen und/oder temporären Nutzungen, welche Lärmemissionen verursachen, nimmt gleichzeitig auch das Ruhebedürfnis der Bevölkerung zu. Der Handlungsspielraum der Gemeinden zum lokalen oder punktuellen Austarieren dieser beiden Bedürfnisse besteht jedoch praktisch kaum.
     

3)    Reglement für Zwischennutzungen?

Ungeachtet möglicher spezifischer Vorschriften zur Erleichterung von Zwischennutzungen sind gemäss übergeordneter Gesetzgebung zwingend immer die Einhaltung der Vorgaben der entsprechenden Lärm-Empfindlichkeitsstufen nachzuweisen. Um Zwischennutzungen zu erleichtern, soll der Gemeinderat mit der Motion 197 konkret beauftragt werden, ein Reglement zu erarbeiten und dem Stadtrat zu unterbreiten. Der Gemeinderat vertritt die Haltung, dass mit der im Rahmen der Ortsplanungsrevision beabsichtigten Einführung der Mischzonen und deren offenen Definitionen nach Art. 43 LSV die grösstmögliche Massnahme zur Erleichterung und Flexibilisierung von zukünftigen Zwischennutzungen getroffen wurde. Aus Sicht des Gemeinderats liegen mit der baurechtlichen Teilgrundordnung «weiteres Stadtgebiet» die von den Motionären erwähnten «Vorschriften zur Bewilligungsfähigkeit von Zwischennutzungen» vor.

Im Antrag der Motion 197 wird weiter aufgeführt, dass das Reglement bezwecken soll, «dass länger als drei Monate leerstehende Gebäude und Räume innerhalb des Stadtgebietes einer zu bezeichnenden Stadtbehörde gemeldet werden müssen und von dieser für vertraglich geregelte Zwischennutzungen ausgeschrieben werden». Weiter habe die Stadtbehörde die Vermittlung zwischen potenziellen Nutzenden und Eigentümern zu übernehmen oder diese an eine private Institution zu delegieren. Diese Forderungen sind mit dem Text der Initiative «Leerraum beleben!» in der Stadt Biel, welche von den Bieler Stimmberechtigen 2019 angenommen wurde, vergleichbar.

Kernelement des Anliegens stellt die geforderte Meldepflicht für leerstehende Gebäude und Räume und deren Vermittlung an potenzielle Nutzende dar. Der Gemeinderat vertritt die Haltung, dass die von den Motionären geforderte, gesetzlich vorgegebene Meldepflicht und Vermittlung von Leerstand erstens ein ungünstiges Aufwand- und Nutzenverhältnis aufweist und zweitens ein nicht verhältnismässiger Eingriff in die Eigentumsfreiheit darstellt. Die Vermittlung von leerstehenden Gebäuden und Räumen stellt gemäss Ansicht des Gemeinderates keine öffentliche Aufgabe dar.

Wie weiter oben unter Punkt 2 dargelegt, teilt der Gemeinderat die Ansichten der Motionäre zur Förderung von Zwischennutzungen und der Belebung des städtischen Raums. Eine attraktive und lebendige Stadt ist im Sinne aller in Nidau ansässigen und/oder arbeitenden Personen. Zu diesem Zweck wurde eine Flexibilisierung der kommunalen Vorgaben hinsichtlich der Bewilligungsfähigkeit im Rahmen der laufenden Ortsplanungsrevision vorgenommen. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass die Stadt die ihr zugedachten Aufgaben und Handlungsspielräume mit den getroffenen planerischen Massnahmen zur Flexibilisierung der Grundordnung in zweckmässiger Art und Weise umgesetzt hat.

Die Einführung einer Meldepflicht für die Grundeigentümerschaft erachtet der Gemeinderat weder als zweckmässig, noch als zielführend. Für die Publikation von leerstehenden Räumen und Gebäuden, respektive zu deren Vermietung existiert bereits heute eine Vielzahl an unterschiedlichen Angeboten auf verschiedenen Internet-Plattformen (sowohl gewinn-, als auch nicht gewinnorientiert). Der Gemeinderat vertritt die Ansicht, dass die Bereitschaft der Grundeigentümerschaft für Zwischennutzungen mit einer Meldepflicht nicht erhöht wird. Die Wirkung und der Nutzen der getroffenen planerischen Massnahmen zur Flexibilisierung der Grundordnung oder aber beispielsweise zusätzlicher Kommunikations- und Sensibilisierungsmassnahmen wird höher eingeschätzt als ein weiteres Reglement.

Zur Förderung von Zwischennutzungen verfolgt der Gemeinderat in diesem Sinne eine Strategie der Steuerung von Zwischennutzungen und nicht deren Reglementierung. Der mit der Meldepflicht verbundene Aufbau eines Katasters zur Erfassung von Zwischennutzungen und dessen Bewirtschaftung und Nachführung erfordert personelle Ressourcen oder verursacht externe Kosten. Wie aktuelle Diskussionen in der Stadt Biel zeigen, ist davon auszugehen, dass zur Entfaltung der mit der Meldepflicht verbundenen Übersicht des Leerbestands auch Kontrollen, wie auch gegebenenfalls Sanktionen notwendig werden.

Beauftragt der Stadtrat den Gemeinderat mit der Umsetzung der Motion einschliesslich der geforderten Vermittlerrolle, so sind entsprechende finanzielle und/oder personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Der Gemeinderat gibt hierbei zu bedenken, dass ein Vollzug der Meldepflicht in privaten Räumen mittels Kontrollen faktisch nicht möglich ist. Die Stadt verfügt weder über das Recht noch die Mittel, die diesbezüglichen Informationen bei der Grundeigentümerschaft einzufordern, respektive gar vor Ort zu kontrollieren. Der Gemeinderat befürchtet daher, dass bei der Umsetzung der Motion eine rein technische Lösung mit geringer Wirkung entstehen würde. In diesem Zusammenhang gilt es zudem festzuhalten, dass die Situationen der Städte Biel und Nidau nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind. So liegt die Leerwohnungsziffer gemäss Bundesamt für Statistik in der Stadt Biel in den vergangenen 5 Jahren durchschnittlich bei über 2.0, in der Stadt Nidau hingegen bei 0.6. Aufgrund der anhaltend starken Nachfrage in der Stadt Nidau, ist der Leerbestand von Räumen oder ganzen Gebäuden sehr gering.

Weiter bleibt die beantragte Vermittlerrolle unklar. Entsprechende Ausführungen zur konkreten Rolle der Stadt, wie beispielsweise damit verbundene Aufgaben und Befugnisse, werden nicht näher ausgeführt. Der Gemeinderat vertritt hierzu dezidiert die Haltung, dass das öffentliche Interesse grundsätzlich nur die Rolle einer passiven Vermittlung rechtfertigt. Das heisst, die Stadt bietet eine Plattform zur Bereitstellung von Informationen zu aktuellen Leerbeständen und macht diese öffentlich oder einem definierten Zielpublikum zugänglich. Eine weitergehende Vermittlungsrolle beispielsweise als Mediatorin zwischen zwei oder mehreren Parteien wird vom Gemeinderat ausgeschlossen. Die aktive Vermittlung kann zu Rollen- und Interessenskonflikten wie auch überhöhten Erwartungshaltungen führen und birgt die Gefahr von Vorwürfen hinsichtlich der Parteilichkeit. 

4)    Fazit

Der Gemeinderat kommt zum Schluss, dass das von den Motionären geforderte Reglement zu Zwischennutzungen weder zweckmässig umgesetzt werden kann, noch im Sinne der Förderung von Zwischennutzungen ist und beantragt daher, die Motion 197 abzuweisen.

Aus Sicht des Gemeinderats werden mit der baurechtlichen Teilgrundordnung «weiteres Stadtgebiet» die von den Motionären erwähnten «Vorschriften zur Bewilligungsfähigkeit von Zwischennutzungen» vorliegen.

Als Massnahme zu den unter Punkt 2 bereits dargelegten Planungsmassnahmen im Rahmen der Ortsplanungsrevision schlägt der Gemeinderat vor, auf der stadteigenen Homepage (www.nidau.ch) eine «Leerstands-Börse» für Zwischennutzungen einzurichten: EigentümerInnen von längerfristig leerstehenden Gebäuden und Räumen, aber auch potenzielle BetreiberInnen von Zwischennutzungen können der Verwaltung entsprechende Angebote melden, welche diese auf der Homepage veröffentlicht. Die Stadt übernimmt dabei jedoch keine aktive Rolle in der weiteren Vermittlung.

 

Stadtratsbeschluss

Ablehnung mit 14 Nein / 6 Ja / 10 Enthaltungen  

 

Vorstoss im Original

Vorstoss im Original
Typ Titel Bearbeitet
Datei PDF document M197 Zweckhafte Zwischennutzungen in Nidau 18.09.2020

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