Interpellation: Ewige Baustelle Nidau
| Vorstossart: | Interpellation |
| Vorstoss-Nr.: | I 153 |
| Richtlinienmotion: | --- |
| Behandlung im Stadtrat: | 20.11.2025 |
| Eingereicht am: | 19.06.2025 |
| Eingereicht von: | Fischer Martin (FDP) |
| Mitunterzeichnende: |
Baumann Markus, Cura Sascha, Edelmann Sasha, Gabathuler Leander, Volery Tabea, Liechti Hugo, Meier Hans Peter, Meier Svenja, Oehme Marlene, Pauli Pauline, Schwab Martin, Stampfli Christian, von Aesch Dominik, Zahnd François |
| Beschluss Gemeinderat: | 28.10.2025 |
| Aktenzeichen: | nid 0.1.6.2 / 9.10 |
| Ressort: | Tiefbau und Umwelt |
| Antrag Gemeinderat: | Geht an den Stadtrat. |
Antrag
Der Gemeinderat wird gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:
- Welche Instanz der Gemeinde koordiniert die Baustellen auf dem Gemeindegebiet?
- Welche Instanz der Gemeinde kontrolliert, ob auf den Baustellen die Vorgaben eingehalten werden und fachgerecht gearbeitet wird?
- Wer haftet, wenn auf unfertigen Strassen- und Gehwegabschnitten Unfalle passieren?
- Wie lange dauert es, bis die betroffenen Strassenabschnitte wiederhergestellt sind?
Begründung
Auf dem gesamten Stadtgebiet, insbesondere auf den Strassen, wurden Baustellen eroffnet. Auf diesen Baustellen wird oft nicht zügig gearbeitet, sodass die Strassen nicht zeitnat wieder dem Verkehr übergeben werden können. Auch werden Strassenbeläge nur sehr rudimentär wieder hergestellt. Zum Teil gleichen die Strassen nach dem vermeintlichen Ende der Bautätigkeit einem Feldweg mit Löchern, Dellen, Absätzen und Schotterstrecken. Nach der Beendigung der Bautätigkeit bleiben oft noch wochenlang Baumaterial, Rohre, temporäre Müllcontainer, u. ä. auf den Strassen und den Gehwegen unnötig zurück. Dies erweckt den Eindruck einer wilden und unkontrollierten Bautätigkeit und ist für die betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner sowie für unser Gewerbe sehr ärgerlich.
Antwort des Gemeinderates
Der Gemeinderat ist sich bewusst, dass aufgrund der regen Bautätigkeit auf dem Gebiet der Stadt Nidau, insbesondere im Zusammenhang mit dem Ausbau der Fernwärme und der Erschliessung der Liegenschaften mittels Glasfaser, derzeit zahlreiche Baustellen auf dem Gemeindesgebiet bestehen. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Parkierung, den Verkehr und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger.
Gleichzeitig ist eine intakte und verlässliche Infrastruktur von zentraler Bedeutung, sowohl für die Versorgungssicherheit der Bevölkerung als auch für die Standortattraktivität der Stadt Nidau insgesamt. Nur mit modernen und gut unterhaltenen Werkleitungen können die Bedürfnisse von Bevölkerung und Gewerbe nachhaltig erfüllt werden.
1. Welche Instanz der Gemeinde koordiniert die Baustellen auf dem Gemeindegebiet?
Eine zentrale Stelle, welche sämtliche Baustellen auf dem Gemeindegebiet koordiniert, besteht nicht. Die Abteilung Infrastruktur führt eine zentrale Liste aller Aufbruchsgesuche. Damit ist gewährleistet, dass die Aufbrüche nach Ablauf der Fristen durch die zuständige Stelle kontrolliert und gegebenenfalls beanstandet werden können. Grössere Bauvorhaben, wie beispielsweise der Ausbau der Fernwärmeversorgung, durchlaufen das ordentliche Baubewilligungsverfahren. Alle weiteren Grabarbeiten bedingen eine Bewilligung mittels Aufbruchsgesuchs. Je nachdem, ob das Bauvorhaben eine Gemeindestrasse oder eine Kantonsstrasse betrifft, ist die Bewilligung entweder bei der Abteilung Infrastruktur der Stadt Nidau oder beim kantonalen Tiefbauamt einzuholen.
Die Stadt Nidau steht ausserdem mit dem Kanton Bern sowie mit den Nachbargemeinden im regelmässigen Austausch. Da bei der Planung das übergeordnete und ausserkommunale Verkehrsnetz zu berücksichtigen ist, informieren sich die Gemeinwesen diesbezüglich gegenseitig. Bei grösseren Projekten bestehen weitere Austauschgefässe wie beispielsweise Bausitzungen, an welchen die Stadt Nidau als Grundeigentümerin teilnimmt und ihre Interessen einbringt. Zudem wird derzeit von der Abteilung Infrastruktur im WebGIS ein neuer Layer erarbeitet, der einen gesamtheitlichen Überblick über alle grösseren Bautätigkeiten auf dem Gemeindegebiet ermöglichen soll. Damit soll die Koordination und Abstimmung weiter verbessert werden.
2. Welche Instanz der Gemeinde kontrolliert, ob auf den Baustellen die Vorgaben eingehalten werden und fachgerecht gearbeitet wird?
Für die ordnungsgemässe Sicherung, Absperrung und Signalisation von Baustellen sind primär die Bauunternehmungen zuständig. Erfordern die Arbeiten eine Baubewilligung, werden die vorzukehrenden Massnahmen meist bereits als Auflage darin festgelegt. Ausserdem kann beim Bereich Sicherheit kostenpflichtig eine Bewilligung für die Benützung des öffentlichen Grundes (inkl. Nutzung von Parkplätzen zum Lagern von Baumaterialien etc.) beantragt und/oder ein Signalisationsauftrag veranlasst werden.
Die Baustellen werden hinsichtlich Sicherung und Signalisation durch die zuständigen Behörden kontrolliert, bei kommunalen Strassen durch den Bereich Sicherheit, bei Kantonsstrassen durch die kantonalen Stellen (OIK III / Tiefbauamt und Kantonspolizei).
Nach Fertigstellung erfolgt im Rahmen der Schlussabnahme eine Qualitätskontrolle. Bei Bauarbeiten auf Gemeindestrassen erfolgt diese durch den Leiter Werkhof und/oder den Bereichsleiter Tiefbau und Umwelt. Bei Bauarbeiten auf kantonalen Strassen sind die jeweils zuständigen kantonalen Behörden für die Schlussabnahme verantwortlich.
3. Wer haftet, wenn auf unfertigen Strassen- und Gehwegabschnitten Unfälle passieren?
Ist eine Strasse aufgrund von Bauarbeiten für den öffentlichen Verkehr gesperrt, so haftet der Bauunternehmer nach Art. 41 OR, wenn er eine Gefahrensituation geschaffen und die daraus resultierende Schutzpflicht schuldhaft verletzt hat. Ausnahmsweise ist eine öffentlich-rechtliche Staatshaftung der Bauherrin (Kanton Bern oder Stadt Nidau) denkbar, wenn Mitarbeitende in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Dritte widerrechtlich schädigen (Art. 100 PG i.V.m. Art. 84 GG). Bei Verschulden ist überdies eine strafrechtliche Verantwortlichkeit möglich.
Bei Unfällen auf Strassen, die, obwohl unvollendet, der Öffentlichkeit bereits zur Nutzung offenstehen, greift die Werkeigentümerhaftung gemäss Art. 58 OR. Ist der Unfall auf die fehlerhafte Erstellung oder den mangelhaften Unterhalt der Strasse zurückzuführen, so haftet demnach deren Eigentümer. Gemäss Bundesgericht kann anstelle des Eigentümers auch der Unterhaltsverantwortliche oder der Betreiber eines unter der Strasse befindlichen Leitungsnetzes haftbar werden, wenn der Mangel in seinen Verantwortungsbereich fällt.
Die Stadt Nidau verfügt über eine allgemeine Betriebshaftpflichtversicherung, welche das Haftungsrisiko gegenüber Dritten im Rahmen der Bauherren- und Werkeigentümerhaftung abdeckt. Bei grösseren Bauprojekten wird zum Schutz des eigenen Bauwerks ergänzend eine Bauwesenversicherung abgeschlossen. Bei Baukosten über zwei Millionen Franken oder Vorliegen besonderer Risiken ist zudem eine zusätzliche Bauherrenversicherung nötig.
Eine mangelhafte Strasse liegt vor, wenn sie bei bestimmungsgemässem Gebrauch keine genügende Sicherheit bietet. Beispiele für Mängel sind ungenügend gesicherte Baustellen, fehlende oder unzureichende Signalisation sowie unterlassene Instandhaltung und -stellung (fehlende Schneeräumung, Schlaglöcher etc.). Dabei stellt jedoch nicht jede Gefahrenquelle einen Mangel dar, denn gemäss Rechtsprechung kann vom Gemeinwesen nicht erwartet werden, jede Strasse so auszugestalten, dass sie den grösstmöglichen Grad an Verkehrssicherheit bietet. Vielmehr genügt es, wenn die Strasse bei Anwendung gewöhnlicher Sorgfalt ohne Gefahr benützt werden kann. In erster Linie ist es deshalb Sache der Verkehrsteilnehmer, ihr Verhalten den Strassenverhältnissen anzupassen.
Gemäss Bundesgericht können hinsichtlich Erstellung und Unterhalt nur verhältnismässige Massnahmen gefordert werden, wobei die Bedeutung der Strasse zu berücksichtigen ist: An eine stark frequentierte Strasse werden höhere Anforderungen gestellt als an einen Feldweg. Ausserdem müssen die Kosten in einem vernünftigen Verhältnis sowohl zu den finanziellen Möglichkeiten des Gemeinwesens als auch zur Verringerung des Risikos stehen.
4. Wie lange dauert es, bis die betroffenen Strassenabschnitte wiederhergestellt sind?
Je nach Umfang der erfolgten Grab- und Werkleitungsarbeiten wird unmittelbar nach deren Abschluss zunächst nur die Tragschicht eingebracht. Anschliessend wird in der Regel rund ein Jahr zugewartet, bevor der Deckbelag eingebracht wird. Diese Frist ist erforderlich, damit sich der Boden setzen kann und allfällige Senkungen mit der Deckschicht ausgeglichen werden können. Bei kleineren Aufbrüchen kann der endgültige Deckbelag hingegen unmittelbar nach Abschluss der Arbeiten eingebracht werden.
Bauarbeiten im öffentlichen Raum, insbesondere an Strassen, dauern naturgemäss länger als solche auf privaten Parzellen. Grund dafür ist, dass die permanente Befahrbarkeit des Strassenraums, die Zugänglichkeit aller Liegenschaften sowie die unterbruchsfreie Energie- und Wasserversorgung jederzeit gewährleistet sein muss. Aus Rücksicht auf die Anwohner ist ausserdem Schichtarbeit nur in sehr begrenztem Umfang möglich.
Geht an den Stadtrat.
Vorstösse um Original
| Typ | Titel | Bearbeitet |
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| Interpellation Ewige Baustelle Nidau | 20.06.2025 |
