Motion: Ein Netto-Null-Ziel für Nidau
Vorstossart: | Motion |
Vorstoss-Nr.: | M 232 |
Richtlinienmotion: | --- |
Behandlung im Stadtrat: | 18.09.2025 |
Eingereicht am: | 20.03.2025 |
Eingereicht von: | Dörig Stefan (GLP) |
Mitunterzeichnende: |
Cura Sascha, Dancet René, Induni Paolo, Kallen Noemi, Kuby Hannah, Ledermann Philipp, Liechti Hugo, Lützelschwab Kathleen, Meier Christoph, Oehme Marlene, Peter Luzius, Ruef Catherine, Schwab Martin, Soder Tobias, Stampfli Monika, Geiser Eliane |
Beschluss Gemeinderat: | 26.08.2025 |
Aktenzeichen: | nid 0.1.6.2 / 9.3 |
Ressort: | Tiefbau und Umwelt |
Antrag Gemeinderat: | Annahme als Motion |
Antrag
Der Gemeinderat hat einen Vorschlag vorzulegen, wie eine Netto-Null-Ziel für die Stadt Nidau verankert werden könnte. Art. 2a der Stadtordnung ist entsprechend anzupassen.
Begründung
Die Schweiz hat sich verpflichtet, bis 2050 eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz anzustreben. Dieses Netto-Null-Ziel ist auch Gegenstand des Klimagesetzes, dem die Stimmbevölkerung am 18. Juni 2023 klar zugestimmt hat. Auch der Kanton Bern hat das Netto-Null-Ziel bis 2050 in seiner Verfassung festgehalten. Das in der Stadtordnung von Nidau verankerte 2000-Watt-Ziel ist nicht mehr zeitgemäss und soll durch eine Netto-Null-Ziel ersetzt werden. Diese Motion verzichtet bewusst darauf, dieses Ziel zu spezifizieren. Es liegt in der Verantwortung des Gemeinderats, ein realistisches Netto-Null-Ziel für Nidau vorzuschlagen. Erwartet werden ausserdem Überlegungen zu den möglichen Massnahmen zur Zielerreichung.
Antwort des Gemeinderates
1. Ausgangslage
Die Stadt Nidau verfolgt seit der Annahme des Nachhaltigkeitsartikels im Jahr 2012 (Art. 2a Stadtordnung) die Zielsetzungen der 2000-Watt- und 1-Tonne-CO₂-Gesellschaft. Diese Leitbilder haben in den letzten Jahren als Orientierung für energie- und klimapolitische Massnahmen gedient und Nidau die erfolgreiche Re-Zertifizierung als Energiestadt ermöglicht.
Die klimapolitischen Rahmenbedingungen auf nationaler und kantonaler Ebene haben sich jedoch markant weiterentwickelt. Mit der Annahme des Bundesgesetzes über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KIG) am 18. Juni 2023 hat sich die Schweiz verpflichtet, bis spätestens 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen. Auch der Kanton Bern hat dieses Ziel in seiner Verfassung verankert (Art. 31a. KV BE). Die aktuell gültigen Zielsetzungen der Stadt Nidau werden diesen neuen Anforderungen nicht mehr gerecht und sind daher nicht mehr zeitgemäss.
Die im Rahmen der Masterarbeit Klimastrategie für die Stadt Nidau erarbeitete Treibhausgasbilanz für das Jahr 2022 verdeutlicht die Notwendigkeit eines strukturierten und systematischen Vorgehens. Die zwei Hauptverursacher für die Treibhausgasemissionen in Nidau sind die Sektoren Gebäude mit 69 % und die Mobilität mit 22 %. Die Strategie enthält ein zielgerichtetes Massnahmenpaket sowie einen linearen Absenkpfad, der sich konsequent am Netto-Null-Ziel bis 2050 orientiert. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor zur Erreichung dieses Ziels liegt in der Definition und konsequenten Umsetzung von Massnahmen in den strategischen Handlungsfeldern, die optimale Rahmenbedingungen für den Klimaschutz auf kommunaler Ebene schaffen sollen und konkreten Projekten in den genannten Sektoren.
2. Prozess zur Verankerung des Netto-Null-Ziels
Zur verbindlichen Verankerung des Netto-Null-Ziels sind folgende rechtliche und strategische Anpassungen erforderlich:
Stadtordnung: Art. 2a ist zu revidieren. Die Formulierung soll das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 enthalten und sich auf die nationale Gesetzgebung (KIG) beziehen. Auf die explizite Nennung der 2000-Watt- und 1-Tonne-CO₂-Ziele kann verzichtet werden.
Reglement zur Förderung von Anstrengungen in den Bereichen Energieeffizienz und Klimaschutz (SRS 624.1): Ein Entscheid des Verwaltungsgerichts Bern im Fall der Stadt Thun veranlasste den Gemeinderat Nidau, die Erhebung der Spezialfinanzierung sowie die Zusicherung neuer Förderbeiträge per 1. Januar 2025 vorsorglich auszusetzen. Gleichzeitig hat sich der Grundsatz der Mittelhäufung über die Spezialfinanzierung als zielführend erwiesen. Entsprechend ist die Zweckbindung der Spezialfinanzierung zu revidieren, um ausreichende finanzielle Ressourcen für die Umsetzung von Massnahmen zur Erreichung des Netto-Null-Ziels sicherzustellen.
Verordnung zur Förderung von Anstrengungen in den Bereichen Energieeffizienz und Klimaschutz (SRS 624.11): Im Rahmen der vorgesehenen Gesamtrevision des zugrunde liegenden Reglements ist auch die Verordnung entsprechend zu überarbeiten.
Neuer Erlass eines kommunalen Klimareglements (im weiteren Prozess zu prüfen): Sollte das Netto-Null-Ziel nicht direkt in der Stadtordnung konkretisiert werden, kann ein separates Klimareglement die Umsetzung regeln, inklusive Zuständigkeiten, Kontrollmechanismen und Förderinstrumenten.
Die rechtlichen Grundlagen müssen so ausgestaltet werden, dass sowohl Planungssicherheit für die Verwaltung als auch Transparenz gegenüber der Bevölkerung gewährleistet sind. Die bestehenden politischen Prozesse (Legislaturplanung, Delegation Nachhaltiges Nidau, Finanzplanung und Budgetierung) bieten eine solide Basis für die Einbettung eines Netto-Null-Ziels.
3. Ressourcen
Die konsequente Umsetzung der Klimaziele erfordert zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen. In der Beantwortung des Postulats 228 Nachhaltiges Nidau & Gold Energiestadt-Label wurde festgehalten, dass für den Aufbau eines wirkungsvollen und systematischen Klimamanagements ein Ausbau der der Ressourcen unerlässlich ist. Die Verantwortung für das Monitoring, die Massnahmenkoordination sowie die Kommunikation mit der Bevölkerung kann langfristig nicht im Nebenamt erfolgen. Zur Umsetzung der vorgesehenen Massnahmen sind daher unter anderem die Schaffung einer zusätzlichen Stelle im Umfang von mindestens 50 bis 80 Prozent im Bereich Klima und Umweltkoordination, die Sicherstellung der Finanzierung strategischer Projekte über eine reaktivierte Spezialfinanzierung sowie die Einführung eines strukturierten Monitoringsystems, beispielsweise gestützt auf die kantonale Klimametrik, erforderlich.
4. Projekte
Im Rahmen der Klimastrategie wurden 21 Massnahmen zu einem ersten Massnahmenpaket zusammengeführt, das in den kommenden fünf bis zehn Jahren schrittweise genehmigt werden soll. Die nachfolgenden Abbildungen veranschaulichen den aktuellen Bearbeitungsstand dieser Massnahmen sowie die noch ausstehenden Genehmigungen für neue und geplante Vorhaben.
Die Genehmigung der einzelnen Massnahmen soll während des vorgesehenen Umsetzungszeitraums durch das jeweils zuständige Organ erfolgen. Die konkrete Umsetzung der Massnahmen liegt in der Verantwortung des jeweils zugewiesenen Ressorts und erfolgt zeitlich nachgelagert zur Genehmigung.
5. Fazit
Der Gemeinderat unterstützt das Netto-Null-Ziel, wie es im Klima- und Innovationsgesetz (KIG) festgeschrieben und von der Schweizer Stimmbevölkerung am 18. Juni 2023 mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde. Er ist bereit, dieses Ziel auch auf kommunaler Ebene aktiv mitzutragen und die entsprechenden rechtlichen Grundlagen in der Stadtordnung sowie den relevanten Reglementen zu schaffen.
Damit dieses Ziel jedoch nicht nur symbolisch verankert, sondern auch systematisch und wirksam verfolgt werden kann, müssen der zuständigen Abteilung Infrastruktur die dafür notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Andere Gemeinden, wie beispielsweise Lyss, haben für die Leitung und Umsetzung von Projekten im Rahmen des Labels Energiestadt ein entsprechendes Stellenpensum von 50 bis 70 Prozent vorgesehen. Ohne ausreichende personelle Ausstattung besteht die Gefahr, dass das Netto-Null-Ziel zwar formell verankert wird, dessen Umsetzung jedoch nicht mit der notwendigen Konsequenz und Wirksamkeit erfolgen kann.
Mit der Annahme der Motion wird der neue Gemeinderat für die kommende Legislatur die entsprechenden Ziele auf Basis der Klimastrategie der Stadt Nidau festlegen und die erforderlichen Ressourcen durch ein externes Fachbüro analysieren lassen. Aus den stadträtlichen Debatten ist bekannt, dass der Stadtrat beschlossen hat, den Gesamtstellenplan per 1. Januar 2028 um 100 Stellenprozente zu reduzieren. Dies soll durch Priorisierung, Effizienzgewinne und fortschreitende Digitalisierung erreicht werden. Die zu erwartenden Aufwände im Zusammenhang mit dem Netto-Null-Ziel sind somit transparent darzulegen.
Die daraus resultierende Beurteilung wird dem Stadtrat im Rahmen der Berichterstattung vorgelegt. Dabei ist aufzuzeigen, welche Wirkung mit dem bewilligten Stellenplan realistisch erreicht werden kann und ob gegebenenfalls eine Differenz besteht, die dazu führen würde, dass das Netto-Null-Ziel zwar formell verankert ist, jedoch nicht mit den erforderlichen Mitteln und der notwendigen Systematik umgesetzt werden kann.
Weiter weist der Gemeinderat darauf hin, dass eine Erfüllung der Motion innerhalb von zwei Jahren aufgrund des Umfangs der Massnahmen und der erforderlichen vorgelagerten Prozesse nicht realistisch ist. Zu gegebener Zeit wird das Parlament über den Stand der Umsetzung informiert (Berichterstattung) und gegebenenfalls über eine Fristverlängerung beraten.
Vorstoss im Original
Typ | Titel | Bearbeitet |
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M 232 Ein Netto Null Ziel für Nidau | 21.03.2025 |