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Postulat: Städtepartnerschaft mit der Ukraine

17.03.2023
Vorstossart: Postulat
Vorstoss-Nr.: P 232
Richtlinienmotion: ---
Behandlung im Stadtrat: 21.09.2023
Eingereicht am: 16.03.2023
Eingereicht von: Dörig Stefan (GLP), Peter Luzius (SP), Zahnd François (FDP), Rubin Michael (Grüne)
Mitunterzeichnende:

Beschluss Gemeinderat: 15.08.2023
Aktenzeichen: nid 0.1.6.2 / 7.2
Ressort: Präsidiales
Antrag Gemeinderat: Ablehnung

Antrag

Der Gemeinderat wird gebeten, Optionen darzulegen, wie eine Städtepartnerschaft der Stadt Nidau mit einer ukrainischen Stadt ausgestaltet sein könnte. Dabei prüfte er auch ein gemeinsames Vorgehen mit der Stadt Biel

Begründung

Das Leid, welches der russische Angriffskrieg über die ukrainische Bevölkerung bringt, ist kaum in Worte zu fassen. Unsere Betroffenheit angesichts der menschlichen Tragödie ist gross. Hinzu kommt die politische Betroffenheit: In der Ukraine wird über die Zukunft Europas entschieden. Seit dem Beginn der Invasion am 24. Februar 2022 haben Städte und Gemeinden in Europa eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Ukraine gespielt. Auch die Nidauerinnen und Nidauer engagieren sich. Wir haben früh Flüchtlinge aufgenommen, haben Solidarität bekundet und humanitäre Hilfsaktionen unterstützt. Diesen kurzfristigen Massnahmen sollte nun ein langfristiger Ansatz folgen. Viele ukrainische Städte haben bereits Partnerstädte in anderen europäischen Ländern. Die Ausgestaltung dieser Partnerschaften variiert stark und reicht von reiner Solidaritätsbekundung zu umfangreicher materieller und finanzieller Hilfe. Angesichts der beschränkten Mittel der Stadt Nidau ist der Einbezug von zivilen Akteuren und dem lokalen Gewerbe wohl sinnvoll. Auch ein gemeinsames Vorgehen mit der Stadt Biel, oder mit anderen Gemeinden, sollte geprüft werden.

Mit einer Städtepartnerschaft leistet die Stadt Nidau einen kleinen Beitrag zum Wiederaufbau der Ukraine, setzt ein klares Zeichen der Solidarität und legt den Grundstein für einen bleibenden kulturellen Austausch zwischen der Ukraine und unserer Region. In der langen Frist sind auch wirtschaftliche Opportunitäten denkbar

 

Antwort des Gemeinderates

Mit einem Postulat kann jedes Stadtratsmitglied das Begehren stellen, dass der Gemeinderat ein bestimmtes Geschäft prüft (Art. 50 Stadtordnung; Art. 28 Geschäftsordnung des Stadtrats). Gegenstand des vorliegenden Postulats ist es, zu prüfen, wie eine Städtepartnerschaft der Stadt Nidau mit einer ukrainischen Stadt ausgestaltet sein könnte. Dabei soll auch ein gemeinsames Vorgehen mit der Stadt Biel geprüft werden.

Der Gemeinderat teilt die tiefe Betroffenheit angesichts der menschlichen Tragödie im Kriegsgebiet. Dem Anliegen des Postulats steht er aber kritisch gegenüber und erachtet eine Städtepartnerschaft nicht als adäquates Instrument, was nachfolgend begründet wird.

Bei einer Städtepartnerschaft stehen Aspekte des Erfahrungsaustauschs, der praktischen Wissensvermittlung oder des völkerverbindenden Austauschs im Vordergrund. Sinn ist es, der Partnerstadt mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Das kann etwa Hilfslieferungen, Geldspenden, Beratung oder die Organisation von geselligen Anlässen umfassen. Damit eine Städtepartnerschaft Bestand hat, ist ein nachhaltiges Engagement erforderlich. Typischerweise werden etwa jährliche Besuche organisiert. Um diesen Austausch zu ermöglichen, wären im Falle einer ukrainischen Partnerstadt aufgrund der grossen Distanz Flugreisen und Hotelübernachtungen unumgänglich. Hinzu kämen sprachliche Barrieren. Die relativ hohen Hürden und Nebenkosten stehen aus Sicht des Gemeinderats in keinem Verhältnis zum effektiven Nutzen, welcher der ukrainischen Bevölkerung aufgrund einer Städtepartnerschaft auf kommunaler Ebene zugutekommen würde. Aufgrund der fehlenden Kompetenzen im Bereich der humanitären Hilfe sowie der beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen, dürfte es für die Stadt Nidau kaum möglich sein, den Erwartungen an eine Städtepartnerschaft, die über Symbolpolitik hinausgeht, gerecht zu werden. Grössere Geldspenden oder beraterische Tätigkeiten übersteigen die Möglichkeiten der Stadt Nidau. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der Finanzstrategie derzeit sämtliche Aufgaben der Stadt Nidau überprüft werden und dabei ein besonderes Augenmerk auf die freiwillig gewählten Aufgaben gelegt wird.

Selbstverständlich ist es der Bevölkerung, Vereinen, Privaten unbenommen, konkrete Projekte etwa von Hilfsorganisationen in der Ukraine zu unterstützen. Der Gemeinderat ist aber der Überzeugung, dass die Hilfe der öffentlichen Hand auf gesamtschweizerischer und internationaler Ebene koordiniert werden muss. Die Ukraine ist ein Schwerpunktland der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz. Die Schweiz arbeitet dabei eng mit den örtlichen Behörden, anderen Geberländern, internationalen Organisationen und spezialisierten Nichtregierungsorganisationen zusammen. Unkoordinierte Aktionen auf kommunaler Ebene werden in diesem Kontext als schwieriges Unterfangen eingeschätzt. Dies etwa im Gegensatz zu Deutschland, wo das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Gemeinden aktiv finanziell unterstützt, mit dem Ziel, dass die deutschen Gemeinden ihre ukrainischen Partnerkommunen mit Hilfsgütern wie Kleidern, Zelten, Verbandszeug oder Generatoren versorgen können. In der Schweiz ist dies nicht der Fall, weshalb viele Schweizer Städte und Gemeinden gegenüber einer Städtepartnerschaft mit einer Stadt in der Ukraine zurückhaltend sind, mit Ausnahme etwa der Stadt Biel, die ihre Absicht für eine Städtepartnerschaft bereits öffentlich kommunizierte. Eine Zusammenarbeit mit der Stadt Biel lehnt der Gemeinderat aber ebenfalls ab, da dies den Koordinationsaufwand und somit die Nebenkosten, die nicht der ukrainischen Bevölkerung zugutekommen, noch erhöhen dürfte.

Heute pflegt die Stadt Nidau seit über 30 Jahren eine Städtepartnerschaft mit dem Süddeutschen Schliengen. Obwohl hier keine sprachlichen Barrieren bestehen und die Distanz gering ausfällt, stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob eine solche Städtepartnerschaft aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre noch zeitgemäss ist. Während Städtepartnerschaften nach dem zweiten Weltkrieg und auch in der Zeit der europäischen Wiedervereinigung weitum populär waren, fällt heute das Interesse von Behörden, Vereinen und weiteren Akteuren gering aus, weil auch da häufig die Kapazitäten und Ressourcen knapp sind – auch wenn im Konkreten der gesellige Austausch jeweils sehr geschätzt wird. Deshalb schätzt der Gemeinderat auch ein grösseres Engagement von zivilen Akteuren und dem lokalen Gewerbe, das über die Gemeinde koordiniert wird, als eher unrealistisch ein.

Aus diesen Gründen sieht der Gemeinderat keinen Anlass, das Eingehen einer Partnerstadt mit einer Stadt in der Ukraine zu prüfen und beantragt die Ablehnung des Postulats.

Stadtratsbeschluss

Ablehnung mit 9 Nein / 6 Ja / 12 Enthaltungen

 

Vorstoss im Original

Vorstoss im Original
Typ Titel Bearbeitet
Datei PDF document P 232 Städtepartnerschaft mit der Ukraine 17.03.2023

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